Obertonspirale – hörbarer Kosmos

Lässt sich das Prinzip der Obertonreihe bildlich darstellen?

Obertonspirale - Grafische Darstellung der Obertonreihe als Spirale mit musikalischen Intervallen| MUSIK IST MEHR | Bernd Michael Sommer
Obertöne faszinieren klanglich fast jeden Menschen. Ich habe versucht, diese Faszination in ein Bild zu packen. Dabei wurde die Obertonreihe zur Spirale: so wird der Zusammenhang zwischen den Tönen der Obertonreihe und den musikalischen Intervallen unseres Tonsystems klar erkennbar.

Die Zahlen stehen für die musikalischen Intervalle, die Sie aus dem Beitrag Intervalle kennen. Die Spirale zeigt, welche Intervalle die Obertonreihe produziert. Die Obertöne stimmen nur annähernd mit den Tönen der temperierten Stimmung überein.

Obertonspirale - In jedem neuen Oktavraum verdoppelt sich die Anzahl der Obertöne - MUSIK IST MEHR | Bernd Michael Sommer

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Ton oder Klang?

Wenn Sie einen Ton singen, erzeugen Sie eigentlich einen Klang. Ihr Ton besteht aus der Grundschwingung, auch genannt harmonische Schwingung Nr. 1 oder HS1, und vielen Teiltönen (HS2, HS3, HS4, HS5 usw.). Durch die Teiltöne, auch Obertöne genannt, entsteht der charakteristische Klang von Stimmen oder Instrumenten.

Die Grundschwingung HS1 ist der Ursprung der Spirale, dargestellt als roter Punkt mit der Intervallbezeichung 1. HS2 ist der erste Oberton, dargestellt als orangener Punkt mit der Intervallbezeichnung 1.

HS2 hat genau die doppelte Frequenz wie HS1. In der Musik nennt man Töne mit doppelter oder halber Frequenz Oktav (= der Achte). Das kommt daher, dass die üblichen Tonleitern aus sieben verschiedenen Tönen bestehen. Der achte Ton der Tonleiter ist etwas Besonderes: er wird als identisch mit dem ersten erlebt.

Wenn eine Frau und ein Mann die gleiche Melodie singen, hat diese meist den Abstand einer Oktav. Melodien im Oktavabstand gelten bei allen bekannten Musikkulturen als musikalisch gleich.

Teilungsprinzip der Obertonreihe

  • Der erste Oktavraum wird begrenzt von HS1 und HS2. Im ersten Oktavraum sind keine weiteren Obertöne vorhanden.
  • Im zweiten Oktavraum befindet sich ein neuer Oberton: HS3 entspricht musikalisch der reinen Quint. HS4 ist die Oktav von HS2 und Doppeloktav von HS1.
  • Im dritten Oktavraum kommen zwei weitere Obertöne hinzu: HS5 und HS7. HS5 entspricht musikalisch der großen Terz, HS7 der kleinen Septim.
  • Die Obertöne aus dem vorherigen Oktavraum sind auch in jedem folgenden Oktavraum vorhanden.
  • Die Anzahl der Obertöne verdoppelt sich in jedem höheren Oktavraum: 1, 2, 4, 8, 16, 32 und so weiter.

Obertöne als Melodien

werden beim Obertonsingen benutzt. Der westliche Obertongesang verwendet meist HS3 bis HS16. Einen Überblick zum westlichen Obertongesang gibt Wolfgang Saus, der wissenschaftliche Fachmann zum Thema Obertonsingen. Er stellt auch eine Teiltonskala als pdf-Datei zur Verfügung.

Der dänische Obertonsänger Skye Lofvander arbeitet ebenfalls mit einer Spiraldarstellung der Obertonreihe. Im Unterschied zu meiner Spirale sind dort die Obertöne als Ordnungszahlen dargestellt. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass bei mir alle Oktaven als 1 bezeichnet werden; dadurch werden harmonische Zusammenhänge übersichtlicher. Tipp: Bringen Sie die musikalischen Intervalle und die Ordnungszahlen der Obertöne nicht durcheinander.

Im Beitrag Obertongesang und westliches Tonsystem steuere ich einzelne Obertöne gezielt an.
Ihr Bernd Michael Sommer